Bericht aus der vierten Sitzung des LJHA in der siebten Wahlperiode

Die vierte Sitzung des Landesjugendhilfeausschusses in der 7. Wahlperiode des Freistaates Thüringen fand am 01. März 2021 zwischen 14 und 18.45 Uhr das zweite Mal als Online-Konferenz statt. Als Jugendparlamentsvertreter*innen schalteten sich Michelle Karlen (Kinder- und Jugendausschuss Saalfeld), Jonas Ecke (Jugend lebt. Jugend bewegt Landkreis Sömmerda) sowie Vincent Sipeer (Jugendrat Gera, Vorstandsmitglied des DKJG Thüringen) zu.

Gespickt war die Sitzung wie immer mit zahlreichen Informationen und längeren Berichten.
Wir bringen euch auf den aktuellen Stand!

Nach der Begrüßung der ca. 50 Teilnehmenden durch den Ausschussvorsitzenden informierte dieser über die Neubesetzung für den Thüringischen Landkreistag. Es folgten Informationen des Landesjugendamtes über die Beschlüsse der Ministerpräsident*innenkonferenz und der Jugendfachminister*innenkonferenz sowie über die Impfverordnung des Bundes und die Thüringer Verordnungen. Dazu gehören die Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, Schulen und für den Sportbetrieb, die Sondereindämmungsverordnung sowie die Allgemeinverfügungen. Intensiver Austausch ergab sich insbesondere zur Impfreihenfolge für verschiedene
Berufsgruppen der Kinder- und Jugendarbeit. Hier wurde die Ganzheit des Bereichs betont. Auch wurde über an die regionalen Inzidenzraten gekoppelte Öffnungen im Bildungs- und Jugendhilfebereich einzelner Städte informiert. Eine landesweite Teststrategie ist in Arbeit.

Was es unterdies dringend braucht ist eine Offensive der Bildungs- und Jugendhilfe- Professionen, alle jungen Menschen für den Bildungsprozess zurückzugewinnen und Unterstützungsangebote für Benachteiligte bereitzustellen. Ein deutlicher Appell aus der Mitte des Ausschusses war, dass die Schule stärker auf die Jugendhilfe zugehen müsse, um lernunterstützende Angebote für Schüler*innen bereitzustellen, die seit vielen Monaten bekanntermaßen unter hohem Druck stehen. Weiterhin wird im Bildungsministerium an Lernangeboten zum Aufholen von Lernstoff in der Ferienzeit gearbeitet, wobei eine enge Zusammenarbeit mit den Trägern angestrebt wird.
„Im Feld des Pandemieschutzes geht es insbesondere für die Kinder und Jugendlichen in Thüringen um mehr Aufmerksamkeit sowie die Einbeziehung bei Beratungen und Entscheidungen. Wir wünschen uns hierfür mehr Austausch mit der Politik und eine wirkliche Perspektive, wie es für uns weitergeht.“ stellt Jonas Ecke (Jugend lebt. Jugend bewegt Landkreis Sömmerda) klar.
„Uns als DKJG Thüringen ist aktuell wichtig einen ständigen Draht zwischen Jugend und Landespolitik aufzubauen. Das heißt konkret: in einem Gesprächscafé mit
Jugendpolitiker*innen diskutieren, im Kreis der Kinder- und Jugendgremien Bedarfe und Probleme austauschen und direkt mit Entscheidungsträger*innen Alltags- und
Zukunftssorgen im Zuge der pandemischen Lage zur Sprache zu bringen. Wir wollen vor allen Dingen über Perspektiven für junge Menschen nachdenken.“, präzisiert Vincent Sipeer (Jugendrat Gera, Vorstandsmitglied des DKJG Thüringen).

Unter dem allzeit umfangreichen Tagesordnungspunkt Corona wurde weiterhin über die Erstattung der Elternbeiträge, die verpflichtende Testung der Kita-Erzieher*innen, Tests für Mitarbeiter*innen im Rahmen der fachlichen Richtlinie örtliche Jugendförderung sowie die Umsetzung des häuslichen Lernens für Kinder und Jugendliche in Heimen ausgeführt und debattiert.
Es wurde sich darauf verständigt, dass der Ausschussvorsitzende mit der Staatssekretärin über die Maßnahmen des Lernens am anderen Ort in Jugendbildungseinrichtungen mit Übernachtungsmöglichkeit ein Gespräch führen wird, um hierbei differenzierte Regelungen zu finden, die den Betrieb ermöglichen.

Es wurde verabredet, dass in der nächsten Sitzung ein Bericht aus der Thüringer Einrichtung mit freiheitsentziehender Unterbringung erfolgt. Bis spätestens Dezember 2021 soll das Strategiepapier zu Einrichtungen und dem Aus- und Aufbau spezieller Angebotsformen für Kinder und Jugendliche mit besonderen erzieherischen Bedarfen beschlussreif sein. Über pädagogische und gesellschaftspolitische Erwägungen sowie die fachlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb derartiger Angebote und Einrichtungen in Thüringen wird seit vielen Jahren intensiv diskutiert.

Weiterhin wurden aus der Mitte des Ausschusses mehrere Fragen an die Verwaltung gestellt.
Da Schätzungen, so der Fragesteller, von mindestens 15 Prozent der Gesamtschüler*innenzahl in Thüringen ausgingen, die weder im Präsenz- noch im Distanzunterricht anwesend sei, wurde erörtert, welche Initiativen Schulträger, Schulämter und Ministerium unternehmen, damit Schüler*innen wieder am Unterricht teilnehmen können, wie wirtschaftliche schwache Familien mit technischer Ausstattung unterstützt werden und inwiefern Einrichtungen und Dienste der Jugend(-sozial)arbeit individuelle Unterstützung ermöglichen können.

“Uns ist es wichtig, dass diejenigen Schüler*innen, die im Distanzunterricht sind, eine Perspektive auf Besserung bekommen. Alle Schüler*innen sollen wieder den Anschluss
gewinnen, um trotz der Pandemie erfolgreich den von ihnen angestrebten Abschluss ablegen zu können. Chancengleichheit gelingt nur, wenn zügig Geräte aus dem
Digitalpaket angeschafft und verteilt werden.” stellte Michelle Karlen (Kinder- und
Jugendausschuss Saalfeld) klar.

Über den aktuellen Stand der Neufassung des Sozialgesetzbuches VIII, wo es um die Modernisierung des Kinde- und Jugendhilferechts geht, informierte das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Auch stimme man sich noch mit dem Thüringer Justizministerium über den Abschiebestopp aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe ab. Die Verwaltung des Landesjugendamts informierte außerdem aus der Arbeitsgruppe Fachkräfteentwicklung, über die Verlängerung der Förderrichtlinie der örtlichen Jugendförderung sowie die Umsetzung des Landesjugendförderplan im Jahr 2020.
Aktuellen Entwicklungen aus dem Bereich Jugendhilfe und Schule sind die Neufassung der Schulordnung und der Regierungsbeschluss „Schuldistanz überwinden“. Die Berichterstattung über eine landesweite statistische Erhebung über Schuldistanz wurde in den September 2021 verschoben. Hierzu liegen noch keine validen Daten vor gleichwohl die Lage der Schüler*innen, die dem Unterricht fernbleiben, ernster als je zuvor ist.

„Im Zuge der Neufassung der Schulordnung sollen Schwerpunkte auf demokratische Schule, Mitwirkungsgremien und Mitbestimmung, neue Lernkultur und gemeinsames Lernen gesetzt werden. Das unterstützen wir sehr und wollen uns hierbei mit unseren Ideen einbringen. Auch sollen sich die schularten- und jahrgangsspezifische Stundentafeln angesehen werden. Na klar mischen wir mit!“ bekräftigt Michelle Karlen.


Von enormer jugend- und kinderschutzpolitischer Bedeutung ist die Aufnahme umfassender Kinderrechte in Artikel 6 des Grundgesetzes. Gleichwohl der Landesjugendhilfeausschuss heute keinen Beschluss dazu traf, ist das Stimmungsbild verbandsübergreifend eindeutig: Dem Landesjugendhilfeausschuss Thüringen geht der Entwurf der Bundesregierung nicht weit genug.
„Nur eine ausdrückliche Verankerung des Vorrangs des Kindeswohls sowie des Rechts auf Beteiligung entspricht dem Anspruch einer ernsthaften Umsetzung der
Kinderrechtskonvention. Es ist sehr bedauerlich, dass der Thüringer Landesjugendhilfeausschuss heute kein klares Signal an Bundesrat und Bundestag ausgesendet hat.“ stellte Vincent Sipeer in seinem Redebeitrag energisch klar.
Die aktuellen Informationen aus dem Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie bezogen sich auf die fachlichen Empfehlungen und Qualitätsstandards der Familienbildung, zu Fachkräften im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und für Familienzentren. Es wurde zum Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der
Generationen“ und die Landesfamilienförderplanung ausgeführt. Die Berichterstattung zur Umsetzung des Landesfamilienförderplans, der 2021 bis 2022 gilt, ist im Dezember 2021 zu erwarten. Bis Juni 2021 sollen durch die AG Familienbildung fachliche Empfehlungen für Maßnahmen der Familienbildung erarbeitet werden.

Rege Diskussion ergaben sich zur Digitalisierung in der Kinder- und Jugendhilfe, wobei insbesondere der Prozess, die methodischen Formate und die Beteiligten strittig waren. Es soll auf die Ressourcen der Thüringer Digitalagentur GmbH zurückgegriffen sowie ein digitales Werkstattgespräch durchgeführt werden. Um die Bedarfe aller Bereich des SGB VIII zu clustern und eine systematische Bedarfsanalyse vorzubereiten wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Schließlich wurde auf Vorschlag des Vorsitzenden Vincent Sipeer stellvertretend für die Gruppe der jungen Menschen in die strategische Gruppe berufen, die den Prozess inhaltlich vorbereitet.

„Digitale Medien haben einen wachsenden Einfluss auf das Aufwachsen junger Menschen. Die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe eröffnet hierbei neue Wege in diesem Feld
Impulse für eine zukunftsfähige Kinder- und Jugendhilfe zu setzen. Es ist glasklar, dass die Jugendarbeit nicht länger reagiert, sondern selbst Ideen für Szenarien, Konzepte und
Räume zum Einsatz digitaler Innovationen entwickelt. Junge Menschen müssen mitwirken, wenn die Rahmenbedingungen für Digitalisierung ausgestaltet werden.“ führt Vincent Sipeer aus.

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